Basketballwunder & Fußballpleiten: neue deutsche Diversität ist gefragt

Hier ist meine Analyse der deutschen geselllschaftlichen Malaise u.a., die sich in Freud und Leid über die jüngsten Erfolge des deutschen Sports äußern. Nur scheinbar ein Nischenthema:

Basketball-Gold, Fußball-Pleiten und was dies mit deutscher (Leit)Kultur zu tun hat

Um es klar zu sagen: die Diskussion um die Flick-Nachfolge ist mehr als ein Sportthema. Chauvinismus, Populismus und Nationalismus prägen das Denken angeblicher Granden, die als Vorbilder in den Medien herumgereicht werden. Dabei verläuft sich Fußball-Deutschland, und damit weite Teile der Republik, erneut in einer Sackgasse. Der Reihe nach:

Träumen wir den Traum vom Basketball-WM-Gold eine Stufe weiter: Eine DPA-Schlagzeile der nächsten Tage könnte lauten: „DFB verpflichtet Gordon Herbert als neuen Fußball-Bundestrainer.“ Das ist wenig wahrscheinlich. Wäre gleichwohl kongruent mit den Zielen des Verbandes. Denn der DFB fühlt sich nach eigenen Aussagen dem Erfolg verpflichtet, neuer Dynamik, einer Jugend, und einem langfristigen Plan – für all dies steht Gordon Herbert, der als Coach mit Weitblick Deutschland zur Basketball-WM geführt hat. Ein Coach mit ausländischem Paß in Deutschlands Hall of Fame des Sports. Genau hier scheint für die DFB-Granden das Problem zu liegen: der Flick-Nachfolger muss Deutsch sein, zumindest Deutsch beherrschen.

Was im deutschen Basketball normal erscheint, ist es offenbar nicht für Fußball-Deutschland. Vorschläge zu Trainergrößen wie dem Franzosen Zidane, der das sprachliche Kriterium nicht erfüllen würde, fachliche über alle Zweifel erhaben ist, kommen nur zaghaft zu Wort. Während Brasiliens Fußball-Verband gerade den Italiener Carlos Ancelotti unter Vertrag nimmt, ist im Herzen des DFB und seiner Gremien neue Deutschtümelei ausgebrochen. Zu fremd der Gedanke einer Pausenansprache an deutsche Elite-Kicker auf Englisch in der Kabine? Zu demütigend der Gedanke, dass ein Ausländer vorgibt, wie es in der Deutschen liebster Sportart, mit ihren virtuell gefühlten 80 Millionen Bundestrainer:innen, künftig zugeht?

Stimmen aus Kultur und Feuilleton könnten hier ein Zeichen setzen, könnten eine Bresche schlagen für neue Diversität und Trainer-Willkommenskultur. Tun sie aber nicht. Fürchten sie womöglich befürchten, dies könne Wasser auf den Mühlen der AfD sein? Vordenker könnten hier Zeichen setzen. Tun sie nicht. Vermutlich weil ähnliche Ansätze schon einmal gescheitert sind. Vor Jahren war als DFB-Coach einmal Arsène Wenger im Gespräch, der französische Trainer des englischen Erstligisten FC Arsenal. Ein Ästhet unter den Fußball-Lehrern.Fließend deutschsprachig, aber sehr schnell als Kandidat verbrannt. „Können wir auch selbst“, hallte es durch den Blätterwald. Der deutsche Stolz war geweckt, seine Dumpfheit schlug zurück.

Das Problem liegt auch bei Deutschlands Sportmedien, die diesen Geist nicht ausreichend in Frage stellen: Den meisten Redaktionen fehlt es an Schreibern und Autor:innen mit gemischter Biografie, multinationalen Identitäten, zumal in oberen Positionen, wo entschieden wird. Auch Männerdomäne bleibt der Sportjournalismus, gerne fühlbar nah an deutschen Stammtischen – trotz jüngster erfolgreicher Einfälle weiblicher Sportjournalisten in Print, Radio und TV. Ausnahmen bestätigen die Regel.

Mehr Diversität in den Medien wäre deshalb wünschenswert. Der WM-Erfolg der Basketballer somit auch ein Appell an die sog. vierte Gewalt: Mehr Mut, Tiefgang und Analyse in der Berichterstattung. Und sich neue Kolleg:innen an die Seite holen. Übrigens: Gordon Herbert, den WM-Goldmacher in den Fußball zu locken – Beispiele für ein Sport-Crossover zum DFB gab es schon einmal. Der Wechsel von ex-Hockey-Bundestrainer Markus Weise zum Deutschen Fußballbund 2015 war so eine Abwerbung. Erfolgreich für den Fußball, eine Katastrophe aus Sicht des deutschen Hockeybundes allerdings. Aber was tut der kleinere Basketball-Verband nicht alles für den großen Bruder Fußball mit seinen gut gefüllten Kassen?

Zur Zeit ist auch der Name von Oliver Glasner, gebürtiger Österreicher und erfolgreicher Fußball-Lehrer , im Gespräch. Bei Österreichers Balltrainern, sieht man an der Bundesliga, fällt der Schritt fürFußball-Deutschland weniger schwer Die Geschichte läßt grüssen. Deutsche Leitkultur und sport-ideologischer Ballast lauern hier um die Ecke. Überwinden sollte der DFB, sein Funktionäre aber auch die Rudi Völlers der Nation, ihre Angst vor dem Fremden. Den Dünkel des Deutsch-Deutschen. Fußball als Massenport funktioniert als Spiel zwar durch Nationalismus. Aber eben nur der Fassade nach. Auf Mannschaftsebene ist er längst global. Deshalb muss der DFB schleunigst raus aus dieser kulturellen Sackgasse.