Mauern im Kopf: Kabul nach dem Scheitern der US-Taliban-Gespräche

Nach dem Scheitern der Gespräche zwischen Washington und den Taliban über einen Abzug des US-Militärs aus Afghanistan herrschen Ratlosigkeit und Ernüchterung unter den Konfliktparteien. Droht jetzt eine neue Welle von Gewalt? War die Trump-Regierung naiv und übereilt mit ihren Angeboten an die Taliban? Warum wurde auf der Zielgeraden so viel Vetrauen verspielt und was bedeutet dies für den Alltag der Menschen in Kabul, die vor allem mit Empörung als auch Resignation die letzten Tage und Wochen wahrgenommen haben, wie die eigene Regierung von den Verhandlungen ausgeschlossen war. Für viele Afghanen, egal welcher politischen couleur, ein unhaltbarer Zustand.

Das gegenseitige Mißtrauen im Ringen um einen Frieden in Afghanistan drückt sich auch in der urbanen Architektur Kabuls aus. Wo ich konnte, habe ich in diesen Tagen in der Stadt (möglichst unauffällige) Fotos bei meinen Fahrten gemacht.

Oft genug durch Schluchten von Betonwänden, die in den letzten zwei Jahren an Höhe noch einmal deutlich dazugewonnen haben. Die Mauern auf diesen Bilder schützen verschiedene Arten von Gebäuden und Einrichtungen: Militärlager und Botschaften, staatliche Behörden und Hilfsorganisationen, Geschäfte und Banken, Privathäuser von gewendeten Warlords oder neureichen Geschäftsleuten, zu Wahl- und Zählzentren eingerichtete Büros für den Urnenganb am 28. September , Schulen und Kindergärten. 
Öfters stehen zwei Reihen von Schutzwänden gestaffelt am Strassenrand. Die kleineren Schutzwände symbolisieren die Höhe der Schutzmauern, wie sie ab 2006 Einzug hielten. Seit dem Abzug des ausländischen Militärs hat sich die Sicherheitslage deutlich verschärft. Die Menschen in Kabul gehen oft nur noch zu Einkäufen auf die Strasse wenn nötig. Ihr Zuhause wird regelmäßig von Bomben-Anschlägen erschüttert, von denen die größten Detonationen in der ganzen Stadt zu sehen und zu spüren sind. Zu Gesprächen mit den Taliban haben viele mittlerweile eine zustimmende Einstellung,
aber – so der Tenor auf der Strasse – dann müsse die Gewalt ein Ende haben zeitnah, und ein Waffenstillstand kommen. Viele Mauern werden inzwischen mit Graffitis und Mal-Aktionen aufgehübscht. Dahinter stecken u.a. kulturelle Hilfsorganisationen, zum Teil finanziert aus westlichen Geldern. Auch afghanische Behörden ahmen die Bemalungen mittlerweile nach. Aber die Mauern bleiben Mauern.